Die EU-Taxonomie und ihre Bedeutung für den Finanzsektor
Mit der EU-Taxonomie wird ein europaweites Klassifikationssystem entwickelt, das definiert, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist.
Das Klassifikationssystem
Eine Wirtschaftstätigkeit gilt als ökologisch nachhaltig, soweit sie
- wesentlich zu mindestens einem der sechs definierten Umweltziele beiträgt (Klimaschutz, nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu Kreislaufwirtschaft, Anpassung an Klimawandel, Vermeidung und Reduzierung Umweltverschmutzung, Schutz der Biodiversität und gesunder Ökosysteme sowie Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme)
- keine erhebliche Beeinträchtigung einer der weiteren Umweltziele darstellt
- unter Einhaltung der Mindeststandards bzgl. sozialer und Governance-Aspekte durchgeführt wird und
- im Einklang mit von der EU-Kommission festgelegten technischen Evaluierungskriterien steht.
Seit Juli 2020 sind durch das Rahmenregelwerk Unternehmen in der EU und ihren Mitgliedsstaaten dazu angehalten, nachhaltig zu investieren. Eine “ökologisch nachhaltige Investition” ist eine Investition, mit der eine oder mehrere Wirtschaftstätigkeiten finanziert werden, die gemäß der Verordnung als ökologisch nachhaltig gilt.
Dies richtet sich vor allem an Finanzmarktteilnehmer gemäß der Offenlegungsverordnung (SFDR, Sustainable Finance Disclosure Regulation) für Finanzprodukte sowie an große Unternehmen von öffentlichem Interesse, die der nicht-finanziellen Berichterstattung gemäß Bilanz- und CSR-Richtlinie unterliegen.
Die Relevanz des Systems für Finanzinstitute
Der Gebäudesektor ist über alle Sektoren hinweg einer der größten CO2-Verursacher. 3/4 aller Gebäude sind energetisch ineffizient. Die Anwendung der Taxonomie auf den Gebäudesektor bietet Chancen, aber auch Risiken. So sind z. B. regional und national unterschiedliche klimatische Bedingungen zu berücksichtigen sowie unterschiedliche bauliche Standards. Auch die bisherigen nationalen Regelungen zum Bau- und Umweltrecht variieren stark in den einzelnen EU-Staaten. Nichtsdestotrotz bietet die Taxonomie neben der Erreichung der Klimaziele weitere Vorteile wie die Chance auf Wachstum und Arbeitsplätze.
Ein zweistufiger Ansatz der TEG (Technical Expert Group) soll die Taxonomie zunächst auf nationaler Ebene mit Benchmarks festsetzen und später die EU-weite Angleichung vornehmen. Dies hat Gültigkeit für die Bereiche Wohn-, Gewerbe- und Verwaltungsgebäude. Mit dieser Vorgehensweise soll Immobilieneigentümern und Projektentwicklern der Zugang zu nachhaltigen Finanzprodukten ermöglicht werden. Zudem sollen eine Steigerung der Energieeffizienz, Neubauaktivitäten sowie der energieoptimierte Betrieb von Bestandsgebäuden ermöglicht werden.
Für Neubauten soll bisher kein absoluter Grenzwert festgelegt werden. Der Primärenergieverbrauch soll 20 % unter den Anforderungen an Niedrigst-Energie-Gebäude liegen. Bei der Sanierung von Bestandsimmobilien ist eine Energieeinsparung von mindestens 30 % des Primärenergiebedarfs bzw. die Einhaltung des nationalen Rechts in Bezug auf die EU-Gebäuderichtlinie vorgesehen.