BGH fordert Marktanpassung im Sachwertverfahren
Die Vorschriften der WertV88 gelten nicht nur bei Wertermittlungen in Durchführung des BauGBs, sondern enthalten für nahezu alle Bereiche anerkannte Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken.
Ihre Anwendbarkeit ist nicht auf die Wertermittlung durch Gutachterausschüsse (§§ 192, 193 BauGB) beschränkt. Im Gutachten sind Ausführungen zur konkreten Marktsituation erforderlich, weil nach § 7 Abs. 1 Satz 2 WertV die Lage auf dem Grundstücksmarkt zu berücksichtigen ist.
Lässt sich ein ermittelter Verkehrswert trotz geschäftsüblicher Veräußerungsanstrengungen des Kaufpreises nicht realisieren, kann dies als deutlicher Hinweis auf eine nicht marktgerechte Verkehrswertermittlung verstanden werden.
BGH, Urteil vom 12.01.2001 – V ZR 420/99
Aus den Gründen:
… e) Das Berufungsurteil hat jedoch deswegen keinen Bestand, weil die Sachverständige die Besonderheiten des Grundstücksmarkts in der beklagten Gemeinde nicht berücksichtigt hat. Wie aus den Ausführungen im letzten Absatz auf S. 18 des Gutachtens hervorgeht, war sie sich zwar bewusst, dass der Sachwert durch die allgemeine Immobilienlage nach oben oder unten korrigiert werden kann. Ausführungen zur konkreten Marktsituation enthält das Gutachten allerdings nicht. Sie sind aber deswegen erforderlich, weil nach § 7 Abs. 1 Satz 2 WertV die Lage auf dem Grundstücksmarkt zu berücksichtigen ist. Auch enthält der Prozessvortrag der Beklagten durchaus Anhaltspunkte, die eine Auseinandersetzung mit der konkreten Grundstücksmarktsituation erforderten. Danach wurden die Grundstücke im Wege der öffentlichen Ausschreibung angeboten, ohne dass sich ein Interessent gefunden hätte, der mehr als 200.000 DM bezahlen wollte. Lässt sich aber ein ermittelter Verkehrswert trotz geschäftsüblicher Veräußerungsanstrengungen als Kaufpreis nicht realisieren, kann dies als deutlicher Hinweis auf eine nicht marktgerechte Verkehrswertermittlung verstanden werden. Dass die Sachverständige dieses Problem nicht erkannt hat, ergibt sich aus ihrer Anhörung vor dem Landgericht; dort unterschied sie zwischen Verkehrswert und Marktwert und meinte, ein Gebäude könne einen hohen Verkehrswert haben, aber völlig unverkäuflich sein. Dies lässt § 7 Abs. 1 Satz 2 WertV außer Acht.